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Rubrik: Was von 2010 noch übrig blieb

Fritz Teufel starb 2010

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Der Kommune 1 Mitbegründer Fritz Teufel ist tot. Er starb am 6.7.2010, dem Tag, an dem die nationalen Träume der Fussball Weltmeisterschaft als NR.1 verloren gingen. Die nationalen Schreihälse "So sehen Sieger aus" und "Deutschland, Deutschland" verstummten kläglich. Wie eine Ironie des Schicksals wurde in den ARD Nachrichten auf die Lebensgeschichte von Fritz Teufel aufmerksam gemacht, der bereits in den 60er Jahren auf die Doppelmoral Deutschlands aufmerksam machte. Teufel galt als Spassrevoluzzer. Als das Gericht Teufel darin belehrte, er solle nur das von sich geben, was der Wahrheitsfindung diente sagte Teufel als er vom Richter aufgefordert wurde aufzustehen: "Wenns der Wahrheitsfindung dient", ein Satz der in die Geschichte einging.

Teufel der an der Demonstration gegen den persischen Schah am 2. Juni wegen eines angeblichen Steinwurfs festgenommen wurde, saß bis 22. Dezember 67 in U-Haft und wurde dann frei gesprochen. 2009 stellte sich durch Einsicht in die Stasi-Akten heraus, dass der Westberliner Polizist Kurras selber für die Ostberliner Stasi arbeitete. Möglicherweise erschoss er in ihrem Auftrag "irgendeinen" Studenten" der Schah-Demo, um die Studenten gegen den Berliner Senat aufzubringen. Am 2. Juni 67 erschoss er während der Schah Demonstration den unbeteiligten Studenten Benno Ohnesorg, der lediglich seine schwangere Frau von der Demonstration gegen den Schah abholen wollte. Der Polizist Kurras wurde frei gesprochen, Teufel landete für Monate in U-Haft.

So geraten kleine Studenten in das Räderwerk grosser Politik. 1975 wurde Teufel erneut festgenommen und Anklage gegen ihn wegen der Mitwirkung der Entführung des CDU Politikers Lorenz erhoben. Diesmal saß Teufel 5 Jahren in U-Haft. Die Staatsanwaltschaft forderte anschließend 15 Jahre Gefängnis. Erst jetzt offenbarte Teufel sein wasserdichtes Alibi. Zur Tatzeit stellte er in einer Essener Firma Toilettenbrillen ( für den deutschen Analstaat) her. Teufel demonstrierte dadurch, wie schnell ein Unschuldiger in Deutschland in Haft gesteckt werden kann und mit welchen Mitteln die Justiz als Handlanger eines Systems wirkt.
Bereits 67 wurden die Mitglieder Kommune 1 festgenommen, als man sie beim Werfen von Puddingtüten auf ein Bild des US-Vizepräsidenten Humphrey, das an einem Baum hing, observierte. Das heisst, die K1 stand bereits unter Beobachtung wie viele Kommunen ihrer Zeit. Das galt auch für meine Kommune, die Horlas in Köln. Das "Pudding Attentat" der K1 zeigte, wie die Polizei mit Kanonen auf Spatzen schoss.

Kritik sollte im Keim erstickt werden. Zu diesem Zwecke griff der deutsche Staat zu drastischen Mitteln. Zur Demonstration gegen die Springerpresse, die permanent gegen die Studentenbewegung hetzte lieferte der V-Mann des Verfassungsschutzes P.U. für die Demo am Springer- Hochhaus in Kreuzberg die Molotowcocktails. Der Verbindungsmann P.U. hatte die linke Bewegung infiltriert. Er ging auch in der K1 1969 ein und aus und ich traf ihn im November 1969 als er sein Werkzeug aus der K1-Fabrik in der Stefanstrasse abholte. Dass P.U. V-Mann des Verfassungsschutzes war wusste ich damals nicht und die Genossen damals auch noch nicht. Grund der Demo waren die Schüsse auf Rudi Dutschke (nach dem in der Nähe des Springerhochhauses heute eine Strasse benannt ist). Dutschke verstarb Weihnachten 1979 an den Spätfolgen. Aufgehetzt durch die Springer-Presse und der davon unabhängigen Nationalzeitung reiste der Hilfsarbeiter Josef Bachmann am 14. April 1968 aus München an, um Rudi Dutschke zu erschiessen. Das geschah am1. April 68 vor dem Berliner SDS-Büro am Kuhdamm 141. Wir sehen also, dass es Opfer in der Studentenschaft gab und nicht im Staat. Dort starb keiner, keiner wurde inhaftiert oder verurteilt.

Die Bedeutung der Kommune 1

1966 trafen sich in Bayern progressive Studenten, unter ihnen Dieter Kunzelmann, Fritz Teufel, Rudi Dutschke, Bernd Rabehl und andere. Sie suchten über eine theoretische Kritik zu einer neuen Lebensform. Inhalt war die Bedürfnisbefriedigung im Gegensatz zur gängigen Lebensart, in der der Mensch unbefriedigt war und sich Objekte für seinen Konsum als Ersatz kaufen musste, des Prinzips, dass die Grundlage des Kapitalismus bildete und auch heute noch bildet. Einer der wesentlichen Theoretiker war natürlich Wilhelm Reich und Herbert Macuse. Die Kommune wurde am 1.Januar 1967 in der Wohnung des Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger gegründet und fand ihr späteres Domizil in einer Schreinereifabrik in Moabit, die 3 grosse Räume zu je 180 Quadratmeter hatte. Dazu gab es eine Hinterhauswohnung zur Anmeldung, da das Wohnen in Gewerberäumen damals verboten war. Dutschke und Rabehl zogen nicht mit ein, dafür kam Rainer Langhans später dazu. Weitere Kommunarden der 1. Stunde waren Ulrich Enzensberger, Volker Gebbert, Hans-Joachim Hameister, Detlev Michel. Weibliche Kommunardinnen waren Dagrun Enzensberger, Dorothea Ridder und Dagmar Sehuber.

Als ich Fritz im Sommer 69 kennenlernte, wohnte er schon nicht mehr in der K 1, sondern in der Wackereinsteinkommune in der Einsteinstrasse in München Haidhausen.

Als ich selber in die K1 Fabrik im Oktober 69 einzog, lebte nur noch Rainer Langhans, Uschi Obermayer und einige Sympathisanten als Kommune dort. Rainer hatte uns, die Horlas nach Berlin in die K1 Fabrik eingeladen als wir in Köln nach Polizeiterror und Medienerstattung keine Wohnung mehr bekamen. Rainer wollte damals einen "Pop-Konzern" gründen, wie er es nannte. Es handelte sich um die Vermarktung ehemaliger kultureller Politgrößen. Revolution sollte sich nach dem Vorbild der Rolling Stones gestalten, Musikkonsum als Triebkraft der Revolution.

Unsere Gruppe aus Köln, die Horlas mit Mitgliedern aus Amon Düül und ehemaligen K1 Hinterhausbewohnern und Kölner Studenten passte nicht mehr dazu. Als er das erkannte holte er Rocker aus dem Märkischen Viertel (war für Berlin-West früher das, was heute Mazahn ist), die Brücke und 77er, um uns aus der Fabrik vertreiben zu lassen. Die hatten aber mehr Gefallen an der K1 und terrorisierten sie, wegen ihrer Arroganz ihnen gegenüber. Rainer hatte gehofft sich da rausreden zu können, aber die Rocker sagten ganz klar, dass sie erst gar nicht nach Moabit gekommen wären, wenn das nicht nach einer grossen Schlägerei gerochen hätte. Sie sagten zu Rainer, wir kommen in die Fabrik und machen dein Problem klar. Was sie fanden war eine verarmte Gruppe mit einem Kind und einem Topf Kartoffeln. Hingegen war gerade das Journal Stern bei Uschi und Rainer gewesen, die Amon Düül 2 waren anwesend und auch andere von der Münchener Szene. Uschi sparte nicht mit Begriffen wie "Lumpenproletariat".

Das ganze endete in einer grossen Schlägerei aber oben in der K1, die damit auch ihr Ende fand. Anschliessend fuhren Rainer und Uschi zum Flughafen, lebten seitdem in München. In Berlin handelte es sich um den Streit der Generallinie. Aus der K1 war ein JetSet geworden. Ich erlebte diese letzten Tage in Berlin mit und hatte meine Auseinandersetzungen mit Rainer, der uns behinderte wo er nur konnte.

Der Psychologieprofessor Peter Brückner hatte unseren Flug nach Berlin finanziert, aber nun mussten wir selber weiterkommen. An den finanziellen Schwierigkeiten zerbrach unsere Gruppe und die K1Fabrik musste aufgegeben werden. Es folgten Kommunen auf Kommunen und die letzte löste sich 1992 auf.

Trotzdem ist die Theorie der ursprünglichen K1 richtig. Die Sexualmoral behindert die Bedürfnisbefriedigung und die Emanzipation ist die wichtigste Kraftquelle dagegen. Trotzdem ist gleichzeitig der Produktionsbereich wichtig, den Kommunen nur noch als Theorie erachteten.

Die Kommunen versuchten neben dem Betreiben von kritischer Theorie privates Leben und Arbeit näher zusammen zu bringen. Daraus entstand Bewusstsein und eine neue soziale Sexualität, die die Gesellschaft aber nicht richtig erreichte.
Kommunen setzten sich nicht durch. Aus ihnen wurden die Wohngemeinschaft mit Privatheit und Vorteilsnutzung, und so unpolitisch.

Anscheinend konnten Menschen nicht weiter kommen als bis dahin. Eine so strukturierte neurotische Gesellschaft kann gut gelenkt werden und entwickelte schlechte Ideale wie z.B. die Kapitalwette, die die Welt 2008 fast an den Rand des Zusammenbruchs brachte.

Als junger Mensch zogen mich die Ideale der Kommune stark an, nicht nur deren Theorie, sondern vor allen Dingen auch das partizipieren. 30 Jahre lang lebte ich in Kommunen, dann gab es sie nicht mehr und ich gründete das OrgonInstitut um zumindest das noch weiter zu geben, was von der sexuellen Revolution übrig geblieben war.

1968 konnte man die Frühschriften Reichs überall an Unis und Mensatischen bekommen. Sie sind theoretisch kritischer als die Orgonomie, die es auch in der Gesellschaft selber nicht geschafft hat Maßstäbe zu setzen. Das zeigt uns, dass Veränderungen nicht so einfach möglich sind wie man dachte. Rudi Dutschkes Gedanke war, alles ist machbar, wenn man es jetzt wirklich macht!
Das gab der 68er Bewegung eine kurzeitige Perspektive. Doch erst die Kommune 1 zeigte, wie neues Leben möglich ist.

Dazu zähle ich nicht den Offizierssohn und heutigen Asketen Rainer Langhans und die ehemalige Freundin des Amon Düül Schlagzeugers Peter Leopold, Uschi Obermaier, die kein Gewinn für die Bewegung war, sondern eher eine Versuchung.

Ich persönlich bin Fritz Teufel, der zum Schluss wie ich in Berlin Wedding lebte, sehr dankbar für seine Arbeit, die mein Leben als Kommunarde und Gesellschaftskritiker entscheidend geprägt hat.

Auch der ARD danke ich, dass sie Teufels Bedeutung für so wichtig einschätzte, das sie seinen Tod in den Nachrichten bekannt gab. Dass dieser Artikel so spät erscheint liegt an der vielen Arbeit des OrgonInstituts, die nicht mehr viel Raum für den Orgonstar lässt.